Historisches

Die Fachschaftsini Geschichte existiert etwa seit den 80er Jahren an der FU, ein genaues Gründungsdatum ist nicht bekannt. Sie steht allerdings in der Traditionslinie der westdeutschen Studierendenbewegung seit den 60er Jahren, deren Ursprünge und Epizentrum unter anderem an der FU Berlin lagen. Dieser Text will die Ursprünge der Studierendenbewegung und der FSI kurz zusammenfassend darstellen. Im Anschluß an die Darstellung gibt es Links und Hinweise zum Weiterlesen.

FU Gründung mit demokratisch-antifaschistischem Konsens

Die FU selbst wurde 1948 als Gegenprojekt zur Universität unter den Linden (heute HU) gegründet, und zwar nicht von Professoren oder Beamten, sondern von Studierenden selbst – freilich mit materieller Hilfe der US-Besatzungsmacht. Die Neugründung war einerseits Protest gegen die stalinistische Neuausrichtung der Universität unter den Linden und der damit verbundenen Vertreibung kritischer Studierender. Gleichzeitig, und dieser Aspekt wird heute gerne verschwiegen, war die „Freie Universität“ jedoch auch ein entschiedenes Gegenprojekt zur Restauration der westdeutschen Universitäten, wo die ehemalige Nazi-Professorenschaft problemlos in den Lehrbetrieb reintegriert wurde.

Restauration

Die erste Studierendengeneration der FU hatte, dem Ideal der demokratischen Uni gemäß, starken Einfluss auf alle Entscheidungen in der Hochschule. Sie konnte etwa verhindern, daß nationalsozialistisch belastete Lehrkräfte an die FU berufen wurden. Mitte der 50er hatten sich jedoch auch an der FU die westdeutschen Verhältnisse restauriert: die Professoren traten in Talaren auf und ließen sich mit Exzellenz und Magnifizienz anreden. Die frühere Kollegialität war verschwunden und die Studierenden von universitären Entscheidungen weitgehend ausgeschlossen.
Die Studierenden selbst waren zu dieser Zeit in ihrer Mehrheit unpolitisch bzw. in den Denkschemata des Kalten Krieges befallen, der AStA der FU etwa verfasste nicht nur eine, sondern diverse antikommunistische Resolutionen. Sozialistische oder linke Gruppen wie etwa der (damals noch der SPD angegliederte) Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS) waren klar in der Minderheit.

Proteste in den 60ern

Dies änderte sich erst Anfang der sechziger Jahre. Aus Protesten gegen Redeverbote von kritischen Studierenden bzw. auswärtigen Gästen durch den Rektor entstand die Forderung nach Meinungsfreiheit an der FU, die sich später mit den Protesten gegen den Krieg der USA in Vietnam verband. Bereits im Sommer 1966 fand das erste „Sit-In“ an der FU statt, eine breite Politisierung hatte die Universität erfasst. Als im Laufe einer Demonstration gegen den Besuch des Schah von Persien am 2. Juni 1967 der FU-Student Benno Ohnesorg erschossen wurde, intensivierte und radikalisierte sich die Bewegung. Sie konnte nun nicht mehr ignoriert werden, da sie nun an der FU und vielen anderen westdeutschen Unis die Mehrheit der Studierenden erfasste.
An der FU und teilweise auch anderswo wurden auf Druck der Studierenden ernsthafte Demokratisierungsschritte unternommen, wie etwa die Drittelparität, die Studierenden, ProfessorInnen und wissenschaftlichen Mitarbeitern gleiche Rechte einräumte. Diese 1968 erstmals praktizierte Regelung wurde jedoch bereits 1973 vom Verfassungsgericht verboten und abgeschafft. Wenig später wurden in vielen Bundesländern die offiziellen Studierendenvertretungen (AStA) ganz abgeschafft, weil es in ihnen mittlerweile marxistische Mehrheiten gab. Beide Verbote gelten bis heute. In einigen Bundesländern wurden jedoch die ASten wiedereingeführt, unter anderem 1980 in Westberlin.

Isolation und Spaltung in den 70ern

Der vitale westdeutsche Antikommunismus isolierte die Studierendenbewegung von vornherein von der Elterngeneration und der Restgesellschaft, insbesondere die Kritik an der „Schutzmacht“ USA und dem Vietnamkrieg stieß auf totale Ablehnung. Die Isolation führte zur bei Teilen der Bewegung zur Identifikation mit scheinbar einflußreichen Bündnispartnern wie der Sowjetunion oder China und somit zur Spaltung der Bewegung in verschiedene Bekenntnisse. Maoistische, marxistisch-leninistische und trotzkistische Parteien und Grüppchen bekämpften sich untereinander und kämpften gemeinsam gegen die Reste der antiautoritären Tendenz aus der Anfangszeit der Bewegung. Einige Gruppen wie etwa die RAF griffen auch zu Anschlägen und riefen zum bewaffneten Kampf auf – die damit aufgeworfene Gewaltfrage spaltete die Bewegung zusätzlich.
In den Studierendenparlamenten der Hochschulen dominierten verschiedene dieser in der regel marxistisch-dogmatisch ausgerichteten Fraktionen, die unabhängig-sozialistisch orientierten Studierenden bildeten seit dem Zerfall des SDS eine organisatorisch schwache Minderheit.

Gleichzeitig bildete sich in den 70ern an der FU eine reaktionäre Gegenkraft, die sogenannte „Notgemeinschaft für eine Freie Universität“ (NoFU). Hauptbeschäftigung dieser Gruppe war die Wiederherstellung der feudalen Stellung des Professorenschaft und der Kampf gegen jedwede Form von linker Politik an der FU. Dazu bediente sie sich gerne auch der Denunziation, so wurden z.B. Namenslisten von linken AktivistInnen massenhaft an Verfassungsschutz und potentielle Arbeitgeber weitegegeben – was in Zeiten der „Berufsverbote“ oft einschneidende Konsequenzen für die Betreffenden hatte und zum Beispiel vielen linken Lehramtsstudierenden die Ausübung ihres Berufes unmöglich machte.

Die 80er und der Unimut-Streik, die ersten FSI´s

Bereits Anfang und mitte der 80er verloren die dogmatischen Gruppen an Einfluss, insbesondere in Berlin bildete sich seit 1981 mit der HausbesetzerInnenbewegung, dem Punk und der Autonomen Szene eine Konkurrenz heraus, deren antiautoritäre Politikformen an die Aufbruchszeit der Studierendenbewegung erinnerten. Das Konzept der Basisdemokratie stellte die hierarchischen Formen der Parteien und Zirkel in Frage, erste Fachschaftsinitiativen mit basisdemokratischer Orientierung entstanden an den Hochschulen Berlins.
Im großen Streik von 1988/1989 wurde dann auch die FU beinahe ein ganzes Semester lang besetzt und durch Vollversammlungen und Plena rätedemokratisch verwaltet. Ein autonomer Lehrbetrieb mit studentischen Seminaren entstand, außerdem wurden vor allem in der Rost- und Silberlaube viele Seminarräume schlicht besetzt und als studentische Cafés genutzt.

Die FSI Geschichte und das „Klaus Störtebecker Institut“

Auch die FSI Geschichte besetzte einen recht großen Seminarraum in der nähe des L-Gangs (damals war das FMI noch in der Silberlaube heimisch) – das Histo-Café war geboren! Auch der Namenspatron unserer FSI, Klaus Störtebecker, verdankt sich dem 88er Streik. Die rebellierenden Studierenden gaben nämlich sämtlichen Instituten neue Namen, und das Geschichtsinstitut erhielt den Titel „Klaus Störtebecker Institut“. Ursprung dieser Wahl ist wohl die Tatsache, dass Störtebecker und seine Bande nicht nur die reichen Hamburger Pfeffersäcke ordentlich ausnahmen, sondern auch als „die Gleichteiler“ bekannt waren – weil nämlich der Kapitän hier von der Mannschaft gewählt wurde und nicht mehr von der Beute erhielt als der Rest der Bande. Ein basisdemokratisches Piratenschiff also, mit einem Touch von Robin Hood. Demgemäß hieß auch die Zeitung der FSI Geschichte bis zu ihrer Einstellung aufgrund von AutorInnenmangel im Jahr 1999 schlicht „Störtebecker“ oder kurz „Störti“. Alte Ausgaben dieses Blattes findet ihr übrigens im Zeitschriftenteil (Teil B) der FMI-Bibliothek unter der Signatur 15 Lb 14.
Obwohl der Streik im Januar 1989 bröckelte und letztendlich ohne Verhandlungsergebnis abgebrochen wurde, hatte er doch einige positive Auswirkungen. Der jahrelange Sparkurs gegen die Universitäten wurde durch ein bundesweites Sonderprogramm gemildert und verlangsamt. Zudem wurden die besetzten Gebäude zwar geräumt, nicht jedoch die als Cafés besetzten Seminarräume. Sie existieren teilweise bis heute fort, obwohl viele von Ihnen im Laufe der Asbestsanierung der Silberlaube schleichend wegsaniert wurden, so zum beispiel das Frauencafe „Furiosa“ oder das schwule Cafe „Rosa Salon“.
Auch die FSI musste mit dem Umzug der Geschichte 1997/98 in die Koserstraße ihr angestammtes Café räumen und erhielt leider nur drei recht schmale Ersatzräume, von denen heute einer als Café genutzt wird.

Proteste in den 90ern

In den 90ern vollendete der Zerfall des Ostblocks was die antiautoritäre Kritik der 80er bereits angefangen hatte: die dogmatisch-parteiorientierten Studigruppen verloren nahezu völlig an Einfluß, die autonomen und basisdemokratischen Kräfte übernahmen den AStA der FU. Im Jahr 1994 beteiligten sich auch die Fachschaftsinitativen am AStA und üben dort seitdem tragenden Einfluß aus. Hatten die FSI´s den AStA anfangs noch als repräsentative und hierarchische Struktur abgelehnt, änderten sie nun ihre Politik, um dieses Forum nicht den Rechten zu überlassen. Seitdem wurde der AStA stark demokratisiert, das Amt des Vorsitzenden de facto entmachtet und alle Entscheidungen werden, weitgehend nach dem Konsensprinzip, vom Plenum der ReferentInnen getroffen. Durch die Anbindungen der ReferentInnen an die FSI´s und andere Basisgruppen ist eine Kontrolle des AStA durch die Basis gewährleistet.

Ansonsten waren die 90er Jahre von einer weitgehenden Entpolitisierung der Universitäten gekennzeichnet. Eine Tendenz zur Reduzierung von Protest auf rein studentische Standesinteressen, die teilweise bereits ende der 80er vorhanden war, wurde nun in studentischen Streiks dominant. Der Konsens reduzierte sich oftmals auf die schlichte Forderung nach „mehr Geld für die Uni“. Die Folge war, dass sich seit Mitte der 90er auch erstmals Professoren an studentischen Protesten beteiligten, denn ihre Machtposition in der Uni wurde von studentischer Seite kaum noch kritisiert. Eine weitere Folge war, dass diese Proteste samt und sonders folgenlos blieben, einschließlich des bundesweiten Streiks von 1997. Die mehr und mehr unpolitische Natur der Streiks führte dazu, dass sie von den Entscheidungsträgern zu recht als harmlos empfunden und „ausgesessen“ wurden, die bis heute andauernde Kürzungspolitik konnte kaum beeinflußt werden.

Die Gegenwart
Dennoch gab und gibt es immer wieder Protestbewegungen an der FU und in Berlin, und die Fachschaftsinitiativen sowie andere Gruppen engagierten sich stets dafür, Proteste in Gang zu bringen und sie mit politischen Inhalten zu füllen. Dies gelang teilweise im nächsten bundesweiten Streik des WS 2003/2004, der mit der Losung „Gegen Bildungs- und Sozialabbau“ eine etwas politischere Forderung als die Bewegungen der 90er enthielt und auch zum Teil globalisierungskritische Inhalte aufgriff. Auch die Protestformen wurden wieder etwas radikaler, es gab nicht nur Uni-Aktivitäten und Demos sondern auch Besetzungen von Parteizentralen und andere Blockadeaktionen. Auch am FMI rumorte es damals, es war sogar das erste Institut, welches einen eintägigen Warnstreik durchführte und besetzt wurde. Allerdings gab es auch hier keinen klaren politischen Konsens, und eine mehrheitliche Beschränktheit auf rein studentisch-universitäre Forderungen blieb bestehen.
Dennoch konnte der Streik zumindest in Berlin Studiengebühren verhindern und an den Universitäten wurden mehr Studierende für politische Aktivitäten gewonnen, unter anderem entstanden an der FU neue FSIn und alte bekamen Zuwachs.

Quellen, Links und Literatur zur Geschichte von Freien Universität und der Studierendenbewegung

Aufsatz zur Geschichte der Proteste an der FU: „Von der Weltrevolution zur BAföG – Reform“
Broschüre zu den Protesten der 60er an der FU: „Von der Freien zur Kritischen Universität“
Beide Texte entstammen der Hochschulpolitischen Reihe des AStA FU. Ein weiterer Band beleuchtet die Ereignisse des Streikes 88/89: AStA FU Berlin (Hrg) „Kulturrevolution und Befreiung“, 3. Auflage Berlin 2003. Der Band ist im AStA erhältlich und für FU-Studierende kostenlos.
Ebenfalls interessant ist das „AStA-Magazin – 50 Jahre FU“, herausgegeben vom AStA FU Berlin im Jahr 1998. Das Magazin ist leider vergriffen, aber im AStA und in der Philologischen Bibliothek der FU ausleihbar.
Zum Schluß noch ein Link zu einem online-Artikel des Studienführers „Rettungsring“, der einen guten Überblick auch über die Geschichte von HU und TU gibt: http://www.zanjero.de/rettungsring/campus/geschichte.html