Solidarität mit dem AStA der FU Berlin, Betroffenen von sexualisierter Gewalt und Polizeigewalt

Aktuell wird vor einer übergriffigen Person auf dem Campus gewarnt, der mittlerweile Hausverbot in der FU erteilt wurde. Der AStA hat dazu an mehrere Hochschulgruppen und Fachschaften, u.a. auch uns, eine längere Mail mit Vorschlägen geschickt, wie betroffene Personen reagieren können, wenn sie der Person begegnen oder sexuelle Belästigung und Gewalt erfahren.
Dies wurde in verschiedenen Medien so verdreht, als würde der AStA damit aktiv Täter:innen schützen wollen und Betroffenen schaden. [1] Auch die FU rät nun dazu, die Polizei bei Vorfällen einzuschalten. Jedoch werden auch weitere universitätsinterne Stellen erwähnt, an denen sich Hilfe geholt werden kann. [2]
In einem öffentlichen Statement [3] betont der AStA, dass es völlig im Ermessen Betroffener liege, welche Stellen sie einschalten möchten, sei es der sozialpsychiatrische Dienst, der Wachdienst der FU oder eben die Polizei. In diversen Artikeln werden die Statements des AStA nun auf lediglich einen falsch verstandenen Satz heruntergebrochen. Es ist journalistisch unsauber und aufs Schärfste zu verurteilen, dass das Schreiben des AStA nur auf den Hinweis zu Polizei-Alternativen reduziert wird. Dies hetzt einen rechten, rassistischen Twitter-Mob auf den AStA und führt zu einer unkritischen Glorifizierung der Polizei. Strukturelle Probleme in der Polizei werden ausgeblendet, ebenso nennen die meisten Medienberichte keine Hilfsangebote für Betroffene. In einigen Artikeln [4] werden die Aussagen des AStAs zu Angst vor rassistischer Polizeigewalt so dargestellt, als würde der AStA den Täter vor dieser schützen wollen. Dies ist jedoch nicht, was in der entsprechenden Email stand. Im Gegenteil ging es darum, etwaige von Rassismus betroffene Opfer darauf hinzuweisen, dass das Rufen der Polizei nicht zwangsläufig zu ihrer Sicherheit beiträgt. Somit kann das Dazuholen der Polizei selbst als Opfer eines Übergriffes mit Risiken einhergehen.

Insgesamt wird diese Diskussion auf dem Rücken von Betroffenen und Überlebenden geführt, denen von oben herab erklärt wird, wie sie damit umzugehen haben – also genau der Gruppe, die eigentlich zu schützen wäre.
Polizeigewalt war und ist in Deutschland ein strukturelles Problem, vor allem gegen People of Colour und rassifizierte Menschen. Auch wurden und werden Betroffene sexualisierter Gewalt oft von Polizeibeamt:innen nicht ernst genommen oder es wird „Victim Blaming“ betrieben, Betroffene also für die Angriffe gegen sie selbst verantwortlich gemacht. Deshalb führen Polizeieinsätze (auch auf dem Campus) nicht dazu, dass sich alle Menschen sicherer fühlen. Alternativen zur Polizei sind meist besser ausgebildet, schon vor Ort und kennen den Täter bereits.

Wir schließen uns dem Statement des AStA an, dass alle Betroffenen selbst für sich und ihr Umfeld entscheiden, welche Art der Hilfe und der rechtlichen Verfolgung sie sich suchen wollen. Dies kann selbstverständlich auch das Einschalten der Polizei sein. Wir verurteilen die Berichterstattung, die dem AStA unterstellt, Täter:innen zu schützen. Dieser Vorfall darf nicht zu Repressionen gegen den AStA oder Einzelpersonen im AStA führen. Laut Morgenpost habe die Polizei mit der FU „Kontakt aufgenommen“. In einer demokratischen Gesellschaft muss die Exekutivgewalt Kritik aushalten können. Wir fordern, dass klärende Gespräche ergebnisorientiert, gewaltfrei und respektvoll gegenüber der Studierendenschaft verlaufen.
Wir solidarisieren uns mit dem AStA sowie Betroffenen von sexualisierter Gewalt und Polizeigewalt. Wir fordern eine breitere Information zu Beratungsstellen, an die sich Betroffene wenden können und eine Sichtbarmachung alternativer Angebote zur Polizei. Und selbstverständlich bedeutet ein Nichteinbeziehen der Polizei in den unmittelbaren Umgang mit der Person nicht, das ein darauf folgender Rechtsweg abgelehnt wird. Wir wünschen uns eine Welt ohne sexualisierte und Polizeigewalt, denn in solch einer Welt müsste dieses Statement nicht geschrieben werden.

Die Fachschaftsinitiative Geschichte der FU Berlin

Quellen:
[1] u.a. https://www.morgenpost.de/berlin/article237534947/Sexuelle-Belaestigung-AStA-warnt-die-Polizei-zu-rufen.html
[2] https://twitter.com/FU_Berlin/status/1621942410535227393?cxt=HHwWgsC-oe2BpoItAAAA
[3] https://astafu.de/PM-Richtigstellung-zu-falschen-Darstellungen
[4] https://www.berliner-zeitung.de/news/sexuelle-belaestigung-an-der-fu-asta-raet-davon-ab-die-polizei-zu-rufen-li.313819