Buchvorstellung und Diskussion am Mittwoch, 4. Mai um 18h in KL 25/134 (Silberlaube, Habelschwerdter Allee 39-45)
Während in Deutschland die Sarrazindebatte tobte, löste in Frankreich der 93jährige Résistance-Veteran Stéphane Hessel mit seinem Ausatz „Empört Euch“ eine landesweite Diskussion über die Notwendigkeit von Widerstand aus. Hessels Aufruf richtete sich explizit an die junge Generation der Prekären. Er erinnert an eine soziale Vision der Résistance, die über den engeren Antifaschismus weit hinausging und bis heute uneingelöst ist.
Diese Vision bewog auch die deutsche Kommunistin Marie-Louise Plener, das sowjetische Exil zu verlassen und sich dem französischen Widerstand anzuschließen. Sie übernahm für die Résistance Aufklärungsarbeit und riskierte mehr als einmal ihr Leben im Kampf gegen Hitler. Nach Kriegsende ging sie zunächst nach Essen, wurde dort jedoch als Kommunistin aus dem öffentlichen Dienst entlassen. Daraufhin siedelte sie in die SBZ/DDR über, um sich dort mit viel Idealismus am Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft zu beteiligen. Auch hier wurde sie jedoch enttäuscht: wie zahlreiche andere „Westemigranten“ wurde Marie-Louise Plener diskriminiert und im Beruf degradiert. Gerade wegen ihrer Resistánce-Tätigkeit galt die engagierte Antifaschistin dem Parteiapparat der SED als unzuverlässig.
Ulla Plener, Tochter von Marie-Louise, hat im letzten Jahr unter dem Titel „Ich bereue mein Leben nicht. Marie-Luise Plener-Huber: Die Lebensgeschichte einer Idealistin“ eine umfangreiche Biographie ihrer Mutter veröffentlicht. In einer Doppelrolle als Zeitzeugin und Historikerin stellt sie dieses Werk nun an der Freien Universität Berlin zur Diskussion. Sie berichtet über das Leben einer Kommunistin zwischen Antifaschismus und stalinistischer Repression, über Exil und Widerstand, über die Aufbauphase der DDR, das Engagement als Frau in einer männerdominierten Bewegung und die Widersprüche des „real existierenden Sozialismus“.
Ulla Plener, geboren 1933 in einer Berliner Arbeiterfamilie, wurde nach Machtübernahme der Nazis von ihrer Mutter ins sowjetische Exil gebracht. Sie wuchs dort in einem Kinderheim der internationalen Roten Hilfe in Iwanowo auf, während ihre Mutter für die Résistance kämpfte. Ulla Plener erlebte als Heranwachsende in der Sowjetunion Weltkrieg und Kriegsende am 8. Mai 1945. Im Jahr darauf kehrte sie nach Ostberlin zurück. Von 1951-1956 studierte Sie an der Moskauer Lomonossov-Universität Geschichte. Nach dem Ende ihrer Ausbildung forschte sie als Historikerin an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften der DDR. Sie veröffentlichte zahlreiche Werke zur Geschichte der Arbeiterbewegung und widmet sich seit 1990 insbesondere dem biographischen Blick „von unten“ auf die Basis der sozialistischen Bewegung.