„Ich bereue mein Leben nicht – eine deutsche Kommunistin in der französischen Résistance“ Buchvorstellung und Diskussion mit Autorin Ulla Plener.

Am 4. Mai dieses Jahres organisierte die Fachschaftsinitiative in der Silberlaube eine Lesung mit der Autorin Ulla Plener. Etwa 40 Leute besuchten die Veranstaltung und lauschten gebannt einer Mischung aus historischem Vortrag und Zeitzeugenbericht.

„Die Bundeszentrale für politische Bildung hat die Publikation über Frauen aus der Resistance abgelehnt – zu speziell.“ Mit diesen Worten leitet die Berliner Historikerin Ulla Plener die Veranstaltung ein: Ein Projekt, das vier Generationen oder 100 Jahre umfasst und viel Bewunderung bei den Zuhörer_innen hervorruft. Das Projekt soll aber nicht nur an Marie-Luise Plener-Huber erinnern, sondern für die Schicksale von insgesamt 132 Frauen sprechen, die unter ähnlichen Umständen in der französischen Résistance ihr Leben riskiert oder geopfert haben. Deren Schicksale hat Ulla Plena schon 2005 eine anderen Publikation mit dem Titel „Frauen aus Deutschland in der französischen Résistance“ recherchiert. Thema heute ist jedoch die Geschichte von Marie-Louise Plener, ihrer Mutter.

1909 wurde Marie-Luise in Essen geboren. Beeinflusst durch den ersten Weltkrieg und ihre Brüder, die schon früh im Kommunistischen Jugendverband tätig waren, trat sie mit 28 Jahren in die KPD ein und engagierte sich im Frauenausschuss und der Revolutionären Gewerkschafts-Opposition.

Zusammen mit ihrem Mann Kurt Plener und ihrer neugeborenen Tochter Ulla musste sie 1933 Berlin verlassen. Gegen Kurt lag ein Haftbefehl vor, da er in einer kommunistischen Sportzeitschrift einen Artikel veröffentlicht hatte, der erklärte „wie man sich sportlich ertüchtigen kann, um gegen Nazis wehrhaft zu sein“.

Marie-Luise gelangte über Kopenhagen nach Moskau, wo sie an der „Kommunisstischen Universität für nationale Minderheiten des Westens“ neben Allgemeinbildung vor allem eine politische Ausbildung erwarb. In Deutschland hatte sie nur die Volksschule (heute Hauptschule genannt) besuchen können. Im Juni 1939 meldete sich Marie-Luise freiwillig für einen Einsatz als Kurierin in Frankreich, wo sich derzeit auch ihr Mann Kurt befand. Ulla Plener betont mehrmals den Aspekt der Freiwilligkeit, der das Engagement ihrer Mutter charakterisierte.

Ulla Plener selbst verbrachte einen großen Teil ihrer Kindheit in einem Kinderheim in der Textilstadt Iwanowo nördlich von Moskau, zusammen mit Kindern 34 unterschiedlicher Nationen, deren Eltern ebenfalls politisch aktiv waren. Ulla erinnert sich, dass sie sich in diesem Heim sehr wohl gefühlt hat und das die Kinder dort sehr viel über die Nazi-Verbrechen wussten. Viele waren selbst aus den von Deutschland besetzten Gebieten geflohen und hatten dort traumatisches Erfahrungen gemacht, andere erfuhren über Verwandte in der Roten Armee schon früh über jene Verbrechen der Wehrmacht, die in Deutschland bis in die 1990er Jahre verdrängt wurden.
Das Heim wurde von der Internationalen Roten Hilfe betrieben und genoss daher einige Privilegien, wie zum Beispiel die Patenschaft zu mehreren örtlichen Textilfabriken, welche das Heim unterstützten. Im Heim habe es zwar wenig aber immerhin regelmäßig Essen gegeben. Die Kinder hätten Hunger gehabt, aber niemand habe gehungert, obwohl in der Sowjetunion während des Krieges eine allgemeine Lebensmittelknappheit herrschte.

Derweil studierte Marie-Luise in Paris einige Zeit an der Sorbonne und knüpfte wichtige Kontakte, bis sie nach der Besetzung durch die deutsche Wehrmacht in ein Internierungslager gebracht wurde.
Die Frauen der Résistance mischten sich unter die Besatzungssoldaten, um militärisch wichtige Informationen zu erhalten, verteilten Flugblätter, erledigten Kurierdienste, schmuggelten Waffen, hörten den Londoner und Moskauer Rundfunk ab und halfen Franzosen, die von der Deportation bedroht waren, unterzutauchen.
„Travail allemand, t.a., deutsche Arbeit“, ergänzt Ulla und betont, wie nachhaltig Marie-Luises Engagement sie und ihre Famile geprägt habe.

Der Textauszug macht die Belastung und die Angst der Widerstandskämpferinnen deutlich. Trotz ihres lebensgefährlichen Engagements wurde Marie-Luise später in der DDR als „Westemigrantin“ benachteiligt.

„Wir haben alle unsere Geschichte. Ein jeder von uns wurzelt tief in der Vergangenheit“ schreibt Peter Weiss. Ulla legt uns nahe, dessen großartiges Werk „Die Ästhetik des Widerstandes“ so schnell wie möglich zu lesen. Weiterhin schlägt sie vor, dass wir uns mit historischen Arbeiten am Jahrbuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung (gibt es jetzt endlich in der Bibliothek!) beteiligen sollten: dort werden immer junge Autorinnen und Autoren mit eigenen Beiträgen zur Geschichte von Arbeiterbewegung und anderen sozialen Bewegungen gesucht. Im offiziellen Curriculum der Universitäten spielt dieses Thema kaum eine Rolle.

Den Einstieg dazu müssen sich interessierte also selbst erarbeiten. Als Auftakt hierzu wäre neben Peter Weiss auch die Lektüre der Biographie „Ich bereue mein Leben nicht“ über eine deutsche Kommunistin in der französischen Résistance von Ulla Plener eine gute Wahl….

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